Berlin ist die Stadt des Geheimnisses und der Geheimtuerei. Es ist nicht so leicht, ihm an seinen Puls zu fühlen, ihm seine Regungen und Bewegungen abzulauschen. Wenn sich für den Kundigen auch in dieser großen Stadt der Karneval aller menschlichen Zustände erkennen läßt, so sieht doch der weniger Bewanderte in der Regel nur kalte Masken, die nichts sagen, die aber alles sagen können. Es ist ein kräftiger Genuß, sich in die rauschenden Wogen eines durchaus öffentlichen Lebens zu stürzen und alle Ziele frei und ungehindert vor sich zu sehen; zu beobachten, wie sich jeder gibt, wie er eben ist, und wie sich dadurch eine überaus reiche, bunte Welt gestaltet, aber es ist nicht minder ein Genuß, auf zum Teil verbotenen oder doch gewundenen Wegen zu leben, zu erfahren, zu erforschen und hinter Geheimnisse, hinter die Mannigfaltigkeit der sozialen Zustände und Konflikte zu kommen. Wer mit kräftigen, gesunden Armen den vollen Wogenschlag eines öffentlichen Lebens durchrudern will, den wird Berlin immer unbefriedigt lassen, wem es aber darum zu tun ist, den Schleier von so mancher Verhüllung zu reißen und im stillen zu beobachten, wie sich unter einer äußerlichen Uniformität die größte Verschiedenheit entwickelt, wie eben, weil oben alles glatt und scheinbar regelmäßig ist, nach unten alles um so wilder und unregelmäßiger durcheinander stürzt, für den gibt es in Deutschland keine zweite Stadt von einem so vielseitigen Interesse wie Berlin.