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Marc Weiser / Marko Krojac

Mainzer Straße


14.11.90 – ein audiovisuelles Psychogramm zum 30. Jahrestag der Räumung Mainzerstrasse
4-kanalige audio-visuelle Installation, begehbare Bild-Ton-Dokumentation.

Zeitgleich zur Ausstellung erscheint im September beim Berliner Label Karl-Records eine limitierte Vinyl-Auflage der Platte „Arurmukha-14.11.90“ mit einem Cover-Foto von Harald Hauswald.

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Am 14.11.2020 jährt sich die Räumung von 13 besetzten Häusern in der Mainzerstrasse in Berlin-Friedrichshain zum 30. Mal. Die heftig geführte Auseinandersetzung zwischen Staatsgewalt und Besetzern war mit mehr als 3000 Beamten der grösste Polizeieinsatz in der Nachkriegsgeschichte der Stadt. Sie endete mit der Auflösung des damaligen Senats inklusive Neuwahlen und einem tief sitzenden Trauma für die gesamte Linke, von der sie sich bis heute nicht erholt hat. Doch nicht nur die Linke zeigte sich verunsichert durch das Vorgehen der politisch Verantwortlichen, auch in grossen Teilen der Bevölkerung im Ostteil Berlins machten sich erste Zweifel an den Versprechungen der Wiedervereinigung breit. Die gewaltsame Räumung hatte nicht nur eine lokale Relevanz, sondern war als politischer Akt des Gesamt-Berliner Senats nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik auch ein klares Signal an die neuen Bundesländer, wer im zukünftigen Deutschland das Sagen haben würde.

 

Anlässlich des 30. Jahrestages der Räumung hat der Berliner Musiker Marc Weiser als ex-Besetzer der Rigaerstrasse 77 aus der Zeitzeugenperspektive eine Installation konzipiert, die den bedrohlichen Verlust von kulturellen und sozialen Freiräumen in der Stadt thematisiert und die Frage nach der Rolle der Gewalt als Mittel zum Zweck in politischen Auseinandersetzungen neu aufwirft.

Die 4-kanalige audio-visuelle Installation „14.11.90“ ist eine rein subjektive, begehbare Bild/Ton-Dokumentation mit non-linearer Erzählstruktur, die einerseits die Ereignisse um die Räumung der besetzen Häuser als Ausnahmezustand erfahrbar macht, aber auch als Kaleidoskop einer Gesellschaft im Umbruch gelesen werden kann. Das audiovisuelle Material setzt sich aus damaligen TV- und Radiobeiträgen, Originalaufnahmen der Räumung aus verschiedenen Archiven, Zeitzeugen-Interviews und Fotos zusammen.
Bürgerkriegsähnliche Slow-Motion-Videos von den Ereignissen rund um den 14.11.90 werden s/w-Fotos von Marko Krojac aus dem Alltag in Friedrichshain Anfang der 90er gegenübergestellt und entwerfen ein atmosphärisches Tableau der Nachwendezeit in Ostberlin zwischen Aufbruch und Resignation.

Marc Weiser

geboren 1967 in Düsseldorf, studierte Philosophie, vergleichende Musikwissenschaften und Sound Studies in Düsseldorf und Berlin. Er arbeitet seit Mitte der 90er als freier Musikkurator, Medienkünstler und Komponist in Berlin. Von 1999 bis 2008 war er im Leitungsteam des CTM-Festivals, von 2010 – 2017 war er u.a. für das Musikprogramm im ehemaligen Haus Ungarn (HBC) am Alexanderplatz und im Roten Salon der Volksbühne zuständig. Als Komponist, Musiker und Remixer (u.a. Iggy Pop, Iannis Xenakis, Apparat) ist er an über 100 Tonträgerproduktionen aus den verschiedensten Genres beteiligt. Von 1997 bis 2008 war er Mitglied des Audio/Video-Projekts Rechenzentrum, von 2003 – 2013 Teil des Neue Musik-Ensembles Zeitkratzer. Er komponiert Musik für Tanzproduktionen (Impulstanz Wien, TAT Frankfurt), Hörspiele (Deutschlandradio Kultur) und Theater (HAU, Volksbühne).

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