Das altgriechische Wort oikos kann man mit Haus und mit Grab übersetzen. Die Häuser der Philosophen sind immer auch Grabstätten. In ihnen spuken – wie Gespenster – tote Götter. Denken kann als Registratur dieses Spuks aufgefasst werden. Die philosophischen Häuser müssen keine Schlösser sein. Hegels Systemarchitekturen erinnern an Kathedralen oder Wolkenkratzer, Nietzsches Aphorismensammlungen an nomadische Zeltdörfer, Luhmanns systemtheoretische Entwürfe an monströse Bürokomplexe – sie alle sind ins Leere gestellt und auf Sand gebaut! Philosophen bauen ihre Häuser in die Wüste, sie besteigen Schiffe, um mit ihnen wie auf schwimmenden Häusern ganze Ozeane zu durchqueren. Es gibt bescheidenere Architekturen: Die Reihenhaussiedlungen der Frankfurter Schule der dritten Generation. Heideggers Vorliebe für Hütten drückt, statt Bescheidenheit, das Pathos mönchischen Lebens aus. Wie jemand baut, so denkt er. Ein Beispiel dafür ist das Wittgensteinhaus im 3. Wiener Bezirk. Es gibt akademische Diskurse, die in ihrem Aufbau, ihrer Sprache und ihrem Argumentationsgang dem Ort ihrer Herstellung und Lehre ähneln: Der demokratischen Zweckarchitektur der Universität mit ihren polierten Böden und Gängen. Derridas Lektüren lassen an pompöse Theater denken, Foucaults Heterotopien (Kliniken, Gefängnisse, etc.) affizieren seine textuellen Topologien; die großen Bücher von Deleuze sind hysterische Begriffsarchitekturen; Bourdieus soziologische Analysen samt ihren Statistiken haben den Charme von Industriebauten; Badiou konstruiert seine Ideen mathematisch; Agamben geht minutiös wie ein antiker Baumeister vor. Sie alle haben mit Statik und Tragfähigkeit zu tun. Alle fragen sich, ob hält, was sie konstruieren, ob sich darin wohnen lässt, und wie.