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Kommunalkaevents

VORTRAGDISKUSSIONGESPRÄCHPERFORMANCELESUNG

4.10. 2018, 20 Uhr

Marcus Steinweg / Überstürztes Denken, Neue Folge / PHILOSOPHISCHE ARCHITEKTUREN

Das altgriechische Wort oikos kann man mit Haus und mit Grab übersetzen. Die Häuser der Philosophen sind immer auch Grabstätten. In ihnen spuken – wie Gespenster – tote Götter. Denken kann als Registratur dieses Spuks aufgefasst werden. Die philosophischen Häuser müssen keine Schlösser sein. Hegels Systemarchitekturen erinnern an Kathedralen oder Wolkenkratzer, Nietzsches Aphorismensammlungen an nomadische Zeltdörfer, Luhmanns systemtheoretische Entwürfe an monströse Bürokomplexe – sie alle sind ins Leere gestellt und auf Sand gebaut! Philosophen bauen ihre Häuser in die Wüste, sie besteigen Schiffe, um mit ihnen wie auf schwimmenden Häusern ganze Ozeane zu durchqueren. Es gibt bescheidenere Architekturen: Die Reihenhaussiedlungen der Frankfurter Schule der dritten Generation. Heideggers Vorliebe für Hütten drückt, statt Bescheidenheit, das Pathos mönchischen Lebens aus. Wie jemand baut, so denkt er. Ein Beispiel dafür ist das Wittgensteinhaus im 3. Wiener Bezirk. Es gibt akademische Diskurse, die in ihrem Aufbau, ihrer Sprache und ihrem Argumentationsgang dem Ort ihrer Herstellung und Lehre ähneln: Der demokratischen Zweckarchitektur der Universität mit ihren polierten Böden und Gängen. Derridas Lektüren lassen an pompöse Theater denken, Foucaults Heterotopien (Kliniken, Gefängnisse, etc.) affizieren seine textuellen Topologien; die großen Bücher von Deleuze sind hysterische Begriffsarchitekturen; Bourdieus soziologische Analysen samt ihren Statistiken haben den Charme von Industriebauten; Badiou konstruiert seine Ideen mathematisch; Agamben geht minutiös wie ein antiker Baumeister vor. Sie alle haben mit Statik und Tragfähigkeit zu tun. Alle fragen sich, ob hält, was sie konstruieren, ob sich darin wohnen lässt, und wie.

13.10. 2018, 20 Uhr (in englischer Sprache)

 

Pjotr Silaev / THE WORLD OF ENCYCLOPAEDIAE. An illustrated guide through the Soviet multi-volume publishing projects

 

The Soviet people boasted to be the “most reading nation of the world”. And indeed, the total volume of annual production of books rose 22 times since pre-revolutionary records and kept growing exponentially until it reached 2.2 billion books printed in 1989. The interesting part, however, is that 55% of those books was fiction and non-fiction.The Soviets truly loved vacational reading, it was the main way of entertainment, a sign of status, a cult and the official position of the Party – which eventually had a part in the Party’s demise. // The flagships of the communist publishing industry were multivolume serial projects, some of them spanning decades and having minimal prints of 100 thousand per each volume. They were the perfect option for planned economy and a safe haven for four generations of artists, writers, scientists, translators. You can’t imagine a Soviet middle class household without a color motley of “The Library of World’s Literature”, a black monolith of “The Great Soviet Encyclopaedia”, the artsy blue “The Library of a Poet”, the ascetic green “Literary Landmarks” – at least some of them or all together. // We will have a brief dive into the world of that tremendous publishing movement, which was meant to create a new socialist culture of reading and, unlike many other colossal projects of the era, did succeed quite a bit.

17.11. 2018, 20 Uhr Buchvorstellung

Tobias Roth / „Nur die Freiheit darf die Beziehungen regeln“. Über neue Formen des Zusammenlebens am Beispiel Giovanni Rossis, der es in Paraná ausprobiert hat und davon berichtet. (Verlag Das Kulturelle Gedächtnis)

Im Februar 1890 bricht der Agronom, Veterinär und Anarchist Giovanni Rossi auf, um in der Neuen Welt einen Versuch zu starten. Im südbrasilianischen Bundesstaat Paraná gründet er die Kolonie Cecilia. Es gibt keine Regeln, keine Abmachungen, keine Hierarchien, keine Bindungen. Knapp 200 Menschen leben zeitweilig in Cecilia. Dass der Alltag der Siedler hart und entbehrungsreich war, daraus macht Rossi keinen Hehl. Seine Berichte und Schriften aus Brasilien sind nun in der Übersetzung seines Brieffreundes Alfred Sanftleben neu zugänglich gemacht: Cecilia. Anarchie und freie Liebe erschien 2018 im Berliner Verlag Das Kulturelle Gedächtnis.

27.11. 2018, 20 Uhr

Hannes Gieseler und Laura Kuhle / KOMMUNALER EXHIBITIONISMUS. XXX-Karaoke trifft Science Slam (Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité Berlin)

14.12. 2018, 20 Uhr

Irina Rastorgueva / KOMMUNALKANTOMY. A video lecture

When I was a kid I thought how wonderful it would be to live all together with my friends, to do what we want and not to care about food and other basic things. In such childish way we could understand this idea of communism as it was taught to me when I grew up in the 1990s. But then how this idea was realized … Bolsheviks conceived the revolution as great and bloodless. But in fact, it was dirty, bloody and monstrous in consequence. A great amount of people was killed, sent abroad, arrested. The intellectual power of Russian society – after a short moment of expressing avant-garde abilities – was depraved, killed or luckily could save their lives and emigrate. Revolution became an emergency break of cultural, social and historical development …

8.12. 2018, 20 Uhr

Hauke Heumann, Jan Lemitz, Kathrin Tiedemann / ON DEMAND. Die Produktion auf dem Weg zurück in die Stadt. Installativ-performantive Lecture (Forum Freies Theater Düsseldorf)

Die boomende Logistik-Branche basiert auf komplexen, globalen Lieferketten, die das Verhältnis von Produktion, Distribution und Konsumtion auf den Kopf stellen. Basierend auf ortsspezifischen Recherchen zum gegenwärtigen Stadtumbau in Düsseldorf und zu den logistischen Landschaften an der Peripherie und im angrenzenden Ruhrgebiet erkundet die Lecture-Performance unter Verwendung visueller Dokumente, wie Logistik nicht nur ein radikal verändertes Zeit-Raum-Regime etabliert, sondern auch massiv in das gesellschaftliche Zusammenleben in unseren Städten eingreift und subjektive Erfahrungen prägt.

18.12. 2018, 20 Uhr

Luise Meier und Jule Flierl / SCHIZOPHONIA. Über progressive, aggressive, defensive, depressive und ganz normale Formen des Wohnens / FINISSAGE

Die Stimme, die sich vom Körper löst, ihm wiederspricht, Verortung verweigert und Zuschreibungen des natürlichen Ursprungs und der Identität sprengt, ist ein Angriff – nicht nur auf die Autonomie des Individuums, sondern auch auf den Versuch seiner reibungslosen Eingliederung in die jeweiligen Ordnungen der Gemeinschaft. Die Performance der Berliner Tanzmacherin und Vokalakrobatin Jule Flierl teilt sich den begehbaren Raum mit den Anwesenden, die Teil einer Landschaft der Dissonanzen werden.