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Gruß aus der Vergangenheit

Vor einer Woche hat sich der ehemalige Verkehrsminister Roman Starowojt das Leben genommen. Nach Angaben der Ermittler erschoss er sich mit seiner Dienstwaffe. Russische Föderale Medien vermuteten, dass Starowojts Selbstmord mit einem Strafverfahren in Verbindung stehen könnte. Laut Quellen habe der ehemalige Gouverneur der Region Kursk, Alexej Smirnow – der zuvor sein Stellvertreter war und wegen des Verdachts auf Betrug in Höhe von einer Milliarde Rubel beim Bau von Schutzanlagen in der Region verhaftet wurde – gegen ihn ausgesagt.

Als er vom Tod von Starowojt erfuhr, starb auch der stellvertretende Leiter der Abteilung für Vermögensverwaltung der Eisenbahnverkehrsbehörde des Verkehrsministeriums, Alexej Kornijtschuk, während einer Arbeitssitzung. Er war 42 Jahre alt und hatte keine Herzprobleme. Diese fast gogolsche Geschichte wird dadurch ergänzt, dass Starowojt nach seinem Tod in den Ruhestand versetzt wurde. Bei der Beerdigung wurde der im Namen Putins gesandte Trauerkranz diskret zurückgezogen.

Ob Starowojt sich selbst getötet hat, ist unbekannt. Der regierungsnahe Telegram-Kanal „WeTscheKa-OGPU“ (benannt nach den ersten beiden sowjetischen Geheimdienstorganisationen) darauf hin, dass die Umstände seines Todes nicht von Überwachungskameras aufgezeichnet wurden: „Die Sicherheitskräfte konnten weder den Moment, in dem der Beamte sein Haus verließ und in sein Auto stieg, noch das Ereignis selbst verfolgen. All diese Momente fanden in toten Winkeln und ohne städtische Kameras statt.”

Ehemalige Untergebene und Kollegen von Roman Starowojt, mit denen Mitarbeiter der unabhängigen Online-Publikation „Wjorstka” gesprochen haben, glauben ebenfalls nicht an die Selbstmordversion. „Wir wissen nicht alles. Normalerweise begehen Gasarbeiter Selbstmord, aber hier handelt es sich um einen ganzen Minister“, sagte einer von ihnen. Ein anderer kann sich nicht erklären, „warum ein Zivilist wie Starowojt eine Dienstpistole hatte“.

Eine Woche zuvor war der nächste Vizepräsident des Ölkonzerns „Transneft“, Andrej Badalow, aus dem Fenster seiner Wohnung an der Rubljowskojer Chaussee gestürzt. Auch hier kam die Untersuchung zu dem Schluss, dass es sich um Selbstmord handelte. Insgesamt sind seit 2022 bekanntermaßen mindestens 17 Top-Manager ums Leben gekommen, die mit den größten russischen Unternehmen in Verbindung standen. In vielen Fällen sahen die Ermittler Anzeichen für Selbstmord. Bei Ministern kam es bislang nicht vor, aber offensichtlich ist der Anfang gemacht. Genauer: die Verbindung in die Vergangenheit wurde wieder hergestellt. Mit dem Selbstmord von Stalins Volkskommissar für Schwerindustrie, Georgi Ordschonikidse, im Februar 1937 wurde die Tradition vielleicht begründet, sie fand aber seit 1991, als sich der vorletzte Innenminister der UdSSR wenige Wochen vor deren Auflösung erschoss, keine Nachahmer. Bis jetzt.

Im Internet kursieren Witze darüber, dass der von Putin neu ernannte Verkehrsminister Andrej Nikitin, mitteilen ließ, dass er im Erdgeschoss wohnen werde und außerdem darum bat, ihm keine Ehrenwaffe für besondere Verdienste zu schenken, wie sie sein Vorgänger erhalten hatte.

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