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Filmprogramm

PARADIES ARCHÄOLOGIEN

 

NonStoppKino

Experimental- und Dokumentarfilme von Stipendiat*innen des Berliner Künstlerprogramms des DAAD und Berliner Künstlern.

Berlin ist immer im Werden und unfertig und im Vergehen: Ein sperriges Untersuchungsfeld. Die Archäologien legen Schichten aus Zeit frei, sie fördern Gedankengut und Vergessenes zu Tage, Relikte verschiedener Vergangenheiten, die immer brüchig bleiben. Die Gäste aus den USA werden heimisch in ihren neugierigen, analytischen, assoziativen Blicken auf diesen urbanen Scherbenhaufen, während die Filme der hiesigen Künstler*innen, allesamt Frühwerke, dem disparat Bruchstückhaften vertrauen.

Das Kinoprogramm wird täglich ab 14:00 gezeigt.

Die Filme in der Abfolge:

 

 

Sonnenallee

D 2010, 37 min,  Regie: Lilli Kuschel

In Sonnenallee fährt die Kamera eine Straße in Berlin-Neukölln ab, den Blick gerichtet auf die Fassaden, Läden und Schaufenster, und so langsam, daß man die vielen Beschriftungen lesen kann. Manchmal hält sie inne, durchsticht die Fassaden, und wir befinden uns im Inneren der Häuser: in einem arabischen Reisebüro, einer Schneiderei, einem Nagelstudio, einem Restaurant, einer Arztpraxis, einem Kosmetiksalon, einem Friseurgeschäft und einem Hundesalon. Was wir dort zu sehen bekommen, ist mehr als sensationell. (Heinz Emigholz)

Lilli Kuschel (*1981) ist Künstlerin, Filmemacherin und Kamerafrau. Sie lebt und arbeitet in Berlin und lehrt an der Universität der Künste experimentellen Film und Medienkunst.

P.R.

D 2010-2019, 41 min., Regie: Mathieu Brohan

Experimentelle Dokumention über den (wieder)Aufbau der Palast der Republik, Berlin. P.R. ist ein groß angelegtes Public Relations Unterfangen für den aus der Welt geschafften Palast der Republik in Berlins Mitte. An seiner Stelle prangte nach seinem Abbau ein Loch. Von diesem Loch ausgehend baut Brohan den Palast wieder auf, sein Film kehrt die Zeit um. Dabei erscheinen die Kräne und Baumaschinen wie mechanische Ur-Zeit-Tiere, die eine rhythmische und bizarre Choreografie vollführen.

Mathieu Brohan (*1981 in Nantes), Künstler, Experimentalfilmemacher hat studiert und gearbeitet an L’ERBAN, Ecole des beaux-arts de Nantes , UDK-Berlin, Experimental Medien Gestaltung, Labor Berlin and MIRE. shows u.a. 2012 ExhibitionDoppeltes Berlin, Haus der Kulturen der Welt (HKW), 2017 Solo Show in der Retramp Neukölln, curation Nika Lenz 2018 Pain Game Exhibition, Schau Fenster, Berlin, curation Nika Lenz & Verity Oberg

Wild Wild

D 2012, 12min., Regie:  Guillaume Cailleau and Hanna Slak

Wild Wild juxtaposes images from two Berlin Zoos: Tierpark (formerly the East Berlin Zoo) and Zoo (formerly the West Berlin Zoo) as a meditation on the possibility of individual freedom within any collective (ideological or architectural) system.

The installation was created for the initiative The Double Berlin as part of the exhibition Architecture and Ideology in the Haus der Kulturen der Welt (2012).

Guillaume Cailleau ist ein Künstler, der im Bereich der bewegten Bilder und Töne arbeitet. Seine Werke werden weltweit auf Filmfestivals, in Galerien und Musikkontext gezeigt. Er ist Preisträger des Silbernen Bären bei der Berlin Int. Filmfestival 2014 für seinen Kurzfilm „LABORAT“. Er ist Teil des audiovisuellen Noise Performance-Duos Kreuser/Cailleau.

Hanna Slak ist Filmregisseurin, Multimedia-Künstlerin und Autorin. Ihre Filmografie umfasst Kinospielfilme, Dokumentarfilme und experimentelle Kurzfilme. Ihr letzter Langspielfilm (RUDAR/THE MINER/ 2018) war ein internationaler Erfolg und der slowenische Beitrag für den Oscar®. Ihre Gedichte wurden in Slowenien veröffentlicht, ihre Theaterstücke in Englisch und Deutsch im Studio R des Maxim Gorki Theater in Berlin inszeniert. Außerdem entwirft sie Videoinstallationen und Videodesign für die Bühne.

spurnahme

D 2008, 14min., Regie: Juliane Henrich

spurnahme kreist um das Areal in Berlin Mitte, auf dem die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes errichtet wird. Im Kaiserreich befand sich dort ein Exerzierplatz, zu DDR-Zeiten das „Stadion der Weltjugend“. Eine Erzählerin spricht mit einem abwesenden Gegenüber, dabei greifen verschiedene Zeitebenen ineinander, verschiedene Perspektiven der Erinnerung und des Zurückdenkens – in eine vorgeschichtliche Vergangenheit, in die geschriebene Geschichte der Preußen, des Krieges, der Deutschen Demokratischen Republik.

The installation was created for the initiative The Double Berlin as part of the exhibition Architecture and Ideology in the Haus der Kulturen der Welt (2012).

Juliane Henrich studied writing, art and film in Leipzig, Berlin, and Jerusalem – with Thomas Arslan, Heinz Emigholz, Avi Mograbi and others. 2012 she graduated with honors from University of the Arts in Berlin. Her work was shown at international film-festivals and in art-exhibitions. 2018 she was an artist-in-residence at Villa Aurora, Los Angeles.

Bubblegum

D 2007, 5:23 min., Regie: Matthias Platz

In den Erzählungen der Nachkriegsgeneration stehen Petticoat, Rock’n’Roll, Freejazz und Kaugummi kauen noch für die Befreiung von einer als bedrückend und beklemmend empfundenen Alltagskultur.

Auf der Suche nach den Überresten dieser untergegangen Kultur entstand dieser Film als filmische Archäologie des Kaugummiautomaten im städtischen Raum.

„Bubblegum“ ist eine rhythmisch-strukturelle Hommage an den Kaugummiautomaten und damit verbunden an die Verheißung des Glücks, den die die Erinnerung an eine vergangene Zeit vermittelt.

The installation was created for the initiative The Double Berlin as part of the exhibition Architecture and Ideology in the Haus der Kulturen der Welt (2012).

Matthias Platz ist freischaffender Hörspielautor und Bildender Künstler.

2011 hat er das Hörspiel „Angst und Abscheu in der BRD- Sendezwang“ als Autor und Regisseur zusammen mit Dirk Laucke und Thomas Mahmoud für den WDR produziert. 2017 war er mit seinen Holzschnitt-Serie „Take me to the Candy Shop“ für den Prix d’Art Robert Schumanin der Städte Metz/Luxemburg/Trier/Saarbrücken nominiert.

Er lebt und arbeitet in Berlin und Trier.

Die Asche soll unvermischt, rein und weißlich sein

D 2008, 19min., Regie: Antonia Kilian

Historische Fotos, Filmaufnahmen und Zeichnungen auf Texte aus Bauakten, Briefen, Zeitschriften und Protokollen […] die Einführung der Kremation in Preußen 1911 stellt den Anfang der filmischen Reise durch die Vergangenheit des Krematoriums Berlin Baumschulenweg dar, die in der Gegenwart endet. Eine Spaltung von Ideologien zieht sich durch die gesamte Geschichte des Hauses und findet sich in der heutigen Architektur wieder. Das Archiv bietet das Material, aus dem die Geschichten gemacht sind.

Antonia Kilian (* 1986), Director, Cinematographer and producer.

studied Art and Media at the Berlin University of Arts and Cinematography in Film University in Potsdam Babelsberg and at the ISA in Havana, Cuba. She runs her own production company Pink Shadow Films. “The other side of the river” is her debut as director. Scholarships: Germany scholarship, DAAD, Gucci Tribeca; Workshops: ExOriente, IDFA summerschool, Baltic Sea Forum.

Former East/ Former West

USA / D 1994, 62min., Regie: Shelly Silver

Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands befragte Silver Hunderte von Passanten in Berlin. Aus diesen Interviews setzt sich FORMER EAST/FORMER WEST zusammen: ein lebendiger, überraschend offenherziger und manchmal verstörender Dokumentarfilm, der die Vorstellung einer gemeinsamen Sprache hinterfragt, indem er die sich verändernden Vorstellungen von Demokratie, Freiheit, Kapitalismus, Sozialismus, Nationalität und Geschichte zur Sprache bringt.

Shelly Silver, geboren 1957 in New York, USA, studierte Geschichte und Konzeptkunst an der Cornell University. Nachdem sie als Fotografin gearbeitet hatte, ging sie zur Arbeit mit bewegten Bildern über. Nach ihrem Studium arbeitet sie als Film- und Videoeditorin. Ihre Erfahrung mit Film und Fernsehen sowie ihre frühe Beschäftigung mit Konzeptkunst und Strukturalismus brachten sie dazu, mit der Grammatik der kommerziellen Medien zu brechen, um über die Welt zu sprechen.

Persistence

USA 1997,  86 min., Regie: Daniel Eisenberg

Essayfilm. Eisenberg setzt sich mit der Geschichte und Gegenwart Berlins und Deutschlands auseinander und entwickelt aus Film- und Textzitaten eine vielschichtige Montage.

„Der Film wurde 1991 bis 1992 in Berlin gedreht und mit Filmaufnahmen der Kameraleute des amerikanischen Signal Corps aus den Jahren 1945 bis 1946 zusammengeschnitten, die vom Archiv des Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellt wurden. In dieses Material eingefügt sind Zitate aus Rossellinis eben- falls 1946 gedrehtem Film Germania: Anno Zero (Deutschland im Jahre Null).

PERSISTENCE ist eine Meditation über die Zeit nach einem großen historischen Ereignis, darüber, was diesen Momenten gemeinsam ist, über kontinuierliche und diskontinuierliche Geschichtsverläufe.“

Daniel Eisenberg wurde 1954 in Israel geboren und emigrierte Ende der fünfziger Jahre mit seiner Familie in die USA. Er studierte Film an der State University of New York in Binghamton u.a. bei Ernie Gehr, Larry Gottheim, Klaus Wyborny, Saul Levine und Ken Jacobs. 1975 begann Dan Eisenberg mit der Arbeit an seinem ersten Film Matrice. 1991/92 hielt er sich als Stipendiat des DAAD (Berliner Künstlerprogramm) in Berlin auf. Dan Eisenberg unterrichtet an der School of the Art Institute in Chicago. Experimentalfilme seit 1975, u.a. Native Shore. To A Brother in Asia (1983), Film Studies (1979- 90), Cooperation of Parts (1987), Persistence (Forum 1997).

Deutsche Menschen/ German People

USA 2007, 27 min., Regie: Amie Siegel

Im Jahr 1933 war Walter Benjamin gezwungen, unter einem „arischen“ Pseudonym zu publizieren. Während des Aufstiegs des Naziregimes veröffentlichte er unter dem Namen „Detlef Holz“ zahlreiche Zeitungsartikel, Essays und andere Texte. Berühmt ist Deutsche Menschen, eine Auswahl von Briefen von Personen der deutsche Romantik. Amie Siegels Video ist das Ergebnis von Treffen und Gesprächen mit Menschen aus dem heutigen Deutschland, die den Namen Detlef Holz tragen – ein Kunsthändler aus Frankfurt, ein Rentner und Gärtner aus Berlin und ein Elektriker aus Hannover. Der Film geht deren Wissen über den Detlef Holz der 1930er (Walter Benjamin), seinen familiären und religiösen Hintergrund, seine Texte und seine Philosophie ebenso nach wie den Familiengeschichten, den unterschiedlichen west- und ostdeutsch geprägten Biographien und den jetzigen Tätigkeiten seiner zeitgenössischen Namensvetter. Ein filmisches Gegenstück zu Benjamins Deutsche Menschen.

Die amerikanische Künstlerin und Fimemacherin wurde 1974 in Chicago geboren und studierte zunächst Literatur am Bard College und anschließend Film und Kunstgeschichte am Art Institute of Chicago. Sie lebt und arbeitet in New York und Berlin. Sie arbeitet mit 16mm und mit 35mm Film, Video, Ton und Text. Ihre Filme und Installationen wurden u. a. vom Whitney Museum of American Art, von den Kunst-Werken – Institute for Contemporary Art in Berlin, vom Österreichischen Filmmuseum, auf den Internationalen Filmfestpielen in Berlin, vom Pacific Film Archive, vom Museum of Fine Arts in Bosten und vom Film Forum New York gezeigt. Siegel hat verschiedene Stipendien erhalten, unter anderem war sie Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD, des Edith Ruß Hauses für Medienkunst und der Guggenheim Foundation. Darüber hinaus ist sie Autorin zahlreicher Essays und hat 1999 ihren ersten Gedichtband, The Waking Life, herausgebracht. Siegel nutzt das Filmbild als materielle Basis für ein konzeptionelles Ziel. Ihre Arbeit beutet den voyeuristischen Filmblick, die direkte Ansprache und das Interview aus, um zu untersuchen, wie diese Formen der Wiedergabe das kulturelle Gedächtnis formen. Ihre Videoinstallationen fassen filmische Stilmittel wie den „establishing shot“, das Remake und den „tracking shot“ als unheimliche Spiegelungen von Abwesenheit, historischer Orientierungslosigkeit und Nostalgie neu. Ihre Filme und Videos (THE SLEEPERS, EMPATHY) bewegen sich im Zwischenraum zwischen Konzeption und Spontanität, Wahrheit und Fiktion und verschieben die Inszenierung weg von klarer Identifikation hin zu Parodie und Entfremdung.

gefördert von

Modell Berlin #orte 1 bis 5

D 2020, 34min., Regie: Michael Busch

Der Philosoph Marcus Steinweg einmal über Walter Benjamins  Berliner Kindheit um 1900 geschrieben, dass die Texte in alle Richtungen ausfransen. Er schrieb, dass die Texte zu „Gespenstergeschichten geraten, insofern sie sich den Unschärfeanteilen der Welt öffnen.“ Und: „Benjamins Berlinerinnerungen schildern eine Stadt, eher als Versprechen, denn als Gegebenheit“.

Fünf Orte in Berlin werden portraitiert im Benjaminischen Sinne, unauffällige, unscheinbare Orte ebenso wie touristische Ziele.  Die Stadt wird ein gespenstisches Versprechen.

geb. 1962, Filmemacher, Musiker. Studium experimentelle Filmgestaltung an der HdK, Berlin bei Heinz Emigholz. 2007-2013 Gastprofessur UdK in der Klasse experimentelle Filmgestaltung. Experimentalfilme, Filmperformances u.a. 1998 Hyperbooks (38min), 1999 Virtual Vampire (92min), 2005 Sieben Himmel (94min), 2010 Das Elektrische Paradies (210min), 2013-2019 Seltsame Materie (Live Film, 50min), 2018 The Scelsi Tapes (Live Film, 60min).